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Die AI-Act der Europäischen Union: Bedeutung für KMUs und KI-Anwender

© Leclere Solutions
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Mit dem Aufschwung der künstlichen Intelligenz (KI) in Geschäftsprozessen kommt der neue "AI Act" der Europäischen Union wie ein Orkan, der die Landschaft der digitalen Technologien neu formt, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) sowie KI-Anbieter. Er verbietet, reguliert und definiert die Verwendung von KI-Systemen neu, wobei der Schwerpunkt auf high-risk KI-Systemen liegt. Was bedeutet dies also für Sie, die mutigen Navigatoren im stürmischen Meer der KI-Innovation?

Verstehen des AI-Acts

Seien Sie beruhigt, denn der AI Act ist kein Labyrinth unverständlicher Paragraphen. Im Kern geht es um den Schutz der Bürgerrechte und eine harmonisierte KI-Regulierung in der EU. Der Act kategorisiert KI gemäß ihrem Risiko, von "unannehmbar" bis "minimal". Während KI-Systeme mit unannehmbarem Risiko verboten werden, sind high-risk KI-Systeme streng reguliert, um Sicherheit, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten.

Klassifizierung von KI nach Risiko

  • Unakzeptables Risiko: Verbotene Anwendungen, wie soziale Bewertungssysteme und manipulative KI.
  • Hohes Risiko: Umfangreich regulierte KI-Systeme.
  • Begrenztes Risiko: Leichtere Transparenzpflichten; Nutzer müssen wissen, dass sie mit einer KI interagieren.
  • Minimales Risiko: Unregulierte Anwendungen, einschließlich der Mehrheit der derzeit im EU-Binnenmarkt verfügbaren KI-Anwendungen.
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1. Verbotene KI-Systeme

Verbotene Systeme sind Technologien, die Verhaltensweisen manipulieren, Schwächen aufgrund von Alter, Behinderung oder sozioökonomischen Umständen ausnutzen und sensible Informationen über biometrische Merkmale ableiten. Dazu gehören auch soziale Bewertungssysteme und die Einschätzung des Risikos von kriminellen Handlungen durch Profiling.

2. Hochriskante KI-Systeme

Hierunter fallen Systeme, die als Sicherheitskomponenten dienen, oder solche, die unter spezifische EU-Gesetze fallen. Anbieter hochriskanter KI-Systeme müssen ein Risikomanagement über den gesamten Lebenszyklus etablieren und strenge Vorgaben in Bezug auf Datenmanagement, technische Dokumentation, Ereignisaufzeichnung, Benutzeranleitung, menschliche Aufsicht, Genauigkeit, Robustheit und Cybersicherheit erfüllen.

3. KI-Systeme mit begrenzten Risiko

KI-Systeme mit begrenztem Risiko unterliegen leichteren Transparenzverpflichtungen. Entwickler und Bereitsteller müssen sicherstellen, dass Endnutzer sich bewusst sind, dass sie mit einer KI interagieren. Beispiele sind Chatbots und Deepfakes. Diese Kategorie umfasst Anwendungen, die bestimmte Transparenzanforderungen erfüllen müssen, aber nicht die strengen Auflagen hochriskanter KI-Systeme.

4. Allgemeine KI (GPAI)

Anbieter von GPAI-Modellen sind verpflichtet, technische Dokumentationen und Anweisungen bereitzustellen, das Urheberrecht zu beachten und eine Zusammenfassung der Trainingsdaten zu veröffentlichen. Für Modelle, die ein systemisches Risiko darstellen, gelten zusätzliche Anforderungen, einschließlich Modellbewertungen und Cybersicherheitsschutz.

Vorteile für KMUs

Als KMU könnten Sie nun denken: "Ist dies nicht nur eine weitere bürokratische Hürde?" Doch weit gefehlt. Der AI Act wird als Katalysator für Vertrauen und Innovationsfreude gesehen und setzt klare Regeln für einen fairen Wettbewerb. Durch diese neuen Standards erlangt Ihr Unternehmen Glaubwürdigkeit bei Ihren Kunden, und das kann sich direkt auf den Unternehmenserfolg auswirken.

Vorteile für KMU durch den AI Act

  • Erhöhtes Vertrauen der Kunden: Durch die Einhaltung der strengen Sicherheits- und Transparenzregelungen des AI Acts gewinnen KMU das Vertrauen der Kunden, was zu einer stärkeren Kundenbindung führen kann.
  • Klare Rechtslage: Der AI Act schafft eine klare und einheitliche Rechtslage für die Nutzung von KI, wodurch KMU Rechtssicherheit erhalten und das Risiko rechtlicher Auseinandersetzungen minimiert wird.
  • Wettbewerbsvorteil: KMU, die die Vorgaben des AI Acts erfüllen, können sich als verantwortungsbewusste Unternehmen positionieren und somit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Unternehmen erlangen, die diese Standards nicht erfüllen.
  • Zugang zu neuen Märkten: Die Einhaltung der EU-Vorschriften ermöglicht KMU den Zugang zu den EU-Märkten sowie potenziell zu anderen Märkten, die ähnliche Anforderungen stellen oder EU-Standards als Gütesiegel ansehen.
  • Innovationsförderung: Der AI Act fördert bei KMU die Entwicklung sicherer und ethischer KI-Anwendungen, was langfristig zur Innovation und zur Steigerung der allgemeinen KI-Kompetenz beiträgt.
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  • Unterstützung durch EU-Ressourcen: KMU können von diversen Unterstützungsmaßnahmen und Ressourcen profitieren, die die EU im Rahmen der Umsetzung des AI Acts bereitstellt, um kleine Unternehmen bei der Anpassung an die neuen Regelungen zu unterstützen. Das KIDD Modell bietet zum Beispiel eine solide Grundlage zur ethische Bewertung und Anpassung von KI-Systeme (Siehe weitere Blog-Beiträge zu diesem Thema).

Fallbeispiele

Nehmen wir ein praktisches Beispiel heran: Ein Kreditinstitut nutzt KI zur Bewertung der Kreditwürdigkeit seiner Kunden - ein klar definiertes high-risk Szenario nach Anhang III des AI Acts. Diese Bewertung muss transparent und nachvollziehbar sein und darf nur Daten verwenden, die fehlerfrei und repräsentativ sind. Die Einhaltung dieser Vorschriften könnte Ihr Institut vor Haftungsfallen schützen.

Beispiele für verbotene KI-Systeme

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Gesichtserkennungstechnologie zur Überwachung von Minderjährigen in Schulen

Diese Art von KI-System ist ethisch bedenklich, da sie die Privatsphäre und Freiheit von Schülern einschränkt und möglicherweise auch zu Diskriminierung führen kann. Die Technologie wird verwendet, um das Verhalten der Schüler zu überwachen und mögliche Probleme wie Mobbing oder Ablenkung im Unterricht zu erkennen. Jedoch kann dies auch dazu führen, dass Schüler ständig unter Beobachtung stehen und sich nicht frei entfalten können.

 

Predictive Policing

Predictive Policing ist ein KI-System, das Daten analysiert, um potenzielle Verbrechen vorherzusagen und die Polizeiarbeit darauf auszurichten. Jedoch basieren diese Vorhersagen oft auf rassistischen Vorurteilen und können somit zu einer unfairen Behandlung bestimmter Bevölkerungsgruppen führen. Zudem kann es auch zu einem erhöhten Überwachungsgefühl in der Gesellschaft führen.

 

Social Credit System in China

Das Social Credit System in China ist ein umstrittenes KI-System, das das Verhalten der Bürger bewertet und Auswirkungen auf ihr tägliches Leben haben kann. Positive Verhaltensweisen wie Pünktlichkeit oder Spendenbereitschaft werden belohnt, während negative Verhaltensweisen wie Falschparken oder Kritik an der Regierung bestraft werden können. Dieses System kann zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit und Privatsphäre führen und auch zu einer sozialen Klassifizierung von Bürgern.

 

Beispiele für Hoch-Risiko-KI-Systeme

Autonome Waffen

Ein Beispiel für ein AI-System mit hohem Risiko sind autonome Waffen, auch bekannt als "Killer-Roboter". Dabei handelt es sich um Waffen, die KI-Technologie verwenden, um Ziele ohne menschliches Eingreifen auszuwählen und anzugreifen. Während Befürworter argumentieren, dass sie die menschlichen Opfer im Krieg reduzieren können, gibt es Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit von Fehlfunktionen oder Missbrauch dieser Waffen.

 

Medizinische Diagnosewerkzeuge

AI-basierte medizinische Diagnosewerkzeuge gelten ebenfalls als Hochrisiko aufgrund ihres potenziellen Einflusses auf die menschliche Gesundheit. Diese Einordnung spiegelt die Bedeutung wider, die der Gesetzgeber der Sicherheit und Genauigkeit dieser Technologien beimisst. Für Anbieter bedeutet dies, dass sie strenge regulatorische Anforderungen erfüllen müssen, um nicht nur rechtliche Compliance zu gewährleisten, sondern auch das Vertrauen der Nutzer – in diesem Fall Patienten und medizinisches Fachpersonal – in ihre Lösungen zu stärken.

 

Bewerbungsfilter für Unternehmen

Einige Unternehmen nutzen KI-Systeme zur automatisierten Vorauswahl von Bewerbern anhand bestimmter Kriterien wie Bildungsniveau oder Berufserfahrung. Dies kann jedoch dazu führen, dass qualifizierte Bewerber aufgrund von unbewussten Vorurteilen oder fehlerhaften Algorithmen aussortiert werden. Zudem können solche Systeme auch Geschlechterdiskriminierung verstärken, da sie oft auf geschlechtsspezifischen Mustern trainiert werden können.

 

Finanzhandelsalgorithmen

Finanzhandelsalgorithmen, die KI-Technologie verwenden, um Entscheidungen über den Kauf und Verkauf von Aktien zu treffen, können ebenfalls ein hohes Risiko darstellen. Diese Algorithmen arbeiten mit Blitzgeschwindigkeit und können sekundenschnelle Entscheidungen basierend auf Markttrends treffen, was potenziell zu erheblichen finanziellen Verlusten führen kann, wenn sie nicht ordnungsgemäß überwacht und reguliert werden.


Beispiele für KI-Systeme mit begrenztes Risiko

KI-Systeme mit begrenztem Risiko fallen in eine Kategorie, die zwar reguliert ist, aber weniger strenge Verpflichtungen als die hochriskanten KI-Systeme aufweist. Diese Kategorie umfasst Systeme, bei denen es wichtig ist, dass Endnutzer darüber informiert werden, dass sie mit einer KI interagieren. Hier sind einige Beispiele für KI-Systeme mit begrenztem Risiko:

  1. Chatbots: In der Kundenservice-Industrie weit verbreitet, bieten Chatbots automatisierte Antworten auf Kundenanfragen. Obwohl sie effizient und kosteneffektiv sind, besteht das Risiko, dass Nutzer ihre Entscheidungen auf Basis von Interaktionen mit diesen Systemen treffen, ohne sich bewusst zu sein, dass sie nicht mit einem Menschen sprechen.
  2. Empfehlungssysteme: Diese Systeme, die oft in Online-Shopping-Plattformen und Streaming-Diensten verwendet werden, personalisieren die Nutzererfahrung, indem sie Produkte oder Inhalte vorschlagen. Obwohl sie das Einkaufs- oder Seherlebnis verbessern, müssen Nutzer darüber informiert werden, dass ihre Empfehlungen durch KI generiert werden, um eine transparente Entscheidungsfindung zu gewährleisten.
  3. KI-gestützte Bildbearbeitung: Software zur Bildverbesserung oder -manipulation, die KI nutzt, um Bilder automatisch zu bearbeiten oder zu verändern. Die Nutzer sollten sich der KI-Beteiligung bewusst sein, insbesondere in Kontexten, in denen Authentizität von Bedeutung ist, wie in der journalistischen Fotografie.
  4. Automatisierte Übersetzungsdienste: Während sie eine schnelle und effiziente Methode bieten, Texte in verschiedene Sprachen zu übersetzen, können sie auch Nuancen und kulturelle Kontexte missverstehen. Die Transparenz, dass ein KI-System verwendet wird, hilft Nutzern, die Ergebnisse entsprechend zu bewerten.
  5. Virtuelle Assistenten außerhalb von Kundenservice: Virtuelle Assistenten, die für persönliche Aufgaben oder Lernen eingesetzt werden, sollten klar als KI gekennzeichnet sein, um sicherzustellen, dass die Nutzer verstehen, mit welcher Art von Technologie sie interagieren.

Diese Beispiele verdeutlichen, wie wichtig Transparenz und Aufklärung über den Einsatz von KI-Systemen mit begrenztem Risiko sind. Nutzer müssen sich der Interaktion mit einer KI bewusst sein, um fundierte Entscheidungen treffen zu können und das Risiko von Missverständnissen oder Fehlinformationen zu minimieren. Der AI Act reagiert auf diese Notwendigkeit durch die Einführung von Transparenzpflichten für Entwickler und Betreiber solcher Systeme.

Beispiele für allgemeine KI (General Purpose AI, GPAI)

GPAI-Systeme sind durch ihre Fähigkeit gekennzeichnet, eine breite Palette unterschiedlicher Aufgaben kompetent auszuführen, unabhängig davon, wie das Modell auf den Markt gebracht wird. Sie können in verschiedene nachgelagerte Systeme oder Anwendungen integriert werden.

  1. Sprachmodelle: Große Sprachmodelle, die in der Lage sind, Texte zu generieren, zu übersetzen, Zusammenfassungen zu erstellen oder Fragen zu beantworten, repräsentieren ein prominentes Beispiel für GPAI. Diese Modelle können für eine Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden, von der Automatisierung des Kundenservice bis hin zur Unterstützung bei der Erstellung von Inhalten (Beispiel: ChatGPT).
  2. Robotersteuerungssysteme: KI-Systeme, die Robotern ermöglichen, komplexe Aufgaben in dynamischen Umgebungen auszuführen, wie z.B. in der Fertigung, Logistik oder bei Rettungseinsätzen, illustrieren die Flexibilität und Generalität von GPAI.
  3. Interaktive Unterhaltungssysteme: KI-gesteuerte Spiele oder interaktive Medien, die auf Nutzereingaben reagieren und einzigartige, adaptive Erlebnisse bieten, demonstrieren ebenfalls die breiten Einsatzmöglichkeiten von GPAI-Modellen.

Diese Beispiele verdeutlichen die breite Anwendbarkeit und Flexibilität von GPAI-Systemen, die fähig sind, in einer Vielzahl von Kontexten und für diverse Zwecke eingesetzt zu werden.

 

Laut dem AI Act müssen alle Anbieter von GPAI-Modellen technische Dokumentationen vorlegen, die Nutzungsinstruktionen beinhalten, die Copyright-Richtlinie einhalten und eine Zusammenfassung über die für das Training verwendeten Inhalte veröffentlichen. Dies trägt dazu bei, Transparenz zu schaffen und sicherzustellen, dass diese mächtigen Werkzeuge verantwortungsvoll eingesetzt werden.

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Fazit

Abschließend sollten Sie nicht vor der AI-Act zurückschrecken. Diese Richtlinie könnte sich als Ihr Nordstern am digitalen Himmel erweisen, der Ihnen den Weg zu einer sicheren und erfolgreichen KI-Integration weist.

Zurücklehnen ist keine Option. Informieren Sie sich, seien Sie proaktiv und stellen Sie die Weichen Ihres Unternehmens auf KI-Sicherheit und EU-Datenschutz-Konformität. Ihr Wegbegleiter ist der AI Act - Eine Regelung, der mehr bedeutet als bloße Regelbefolgung; er ist Ihre Route zum Vertrauen Ihrer Kunden und dem Erfolg in der Zukunft der Technologie.


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